Einige Teilnehmer meiner Trainings haben Vorbehalte, verkaufstechnische Methoden auszuprobieren, weil sie sie für Tricks, für Manipulation halten. Die Frage, die sich zuerst stellt, wäre natürlich: Was genau ist Manipulation und ab wann will ich es so nennen?
Haben Sie Kinder? Haben Sie denen gegenüber Ihren Willen schon einmal durch Androhung von Strafe oder durch In-Aussicht-stellen von Belohnungen durchgesetzt? Das ist Manipulation. Im Volksmund allerdings nennt man diese Art von Manipulation einfach „Erziehung“ und alles ist wieder gut.
Ist schon die Art, wie wir uns kleiden, manipulativ? (Kleider machen Leute!) Würde ich in einem arabischen Kaftan oder einem schottischen Kilt oder auch nur mit einer Punk-Frisur zu meinen Trainings kommen, hätte ich es vermutlich schwerer, die Akzeptanz meiner Zuhörer zu bekommen, als in einem Anzug westlicher Prägung. Da ich von ihnen aber akzeptiert werden will, entscheide ich mich bewusst für den Anzug. Ist das Manipulation oder Anstand?
Im NLP nennt man das Pacing. Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dem Gegenüber zu verstehen zu geben: Ich bin wie Du und es ist völlig in Ordnung, so zu sein. Oder anders ausgedrückt: Dem Gesprächspartner in dessen Modell der Welt zu begegnen.
Dabei ist Kleidung nur eine Ebene des Pacings, aber eine der bekanntesten und offensichtlichsten. Sonst würde es Begriffe wie „overdressed“ oder „underdressed“ gar nicht geben. Denn die bedeuten letztendlich nur: „da ist einer, der ist nicht so wie wir“ und führen in beiden Fällen (oft) zu einer Ausgrenzung dieser Person. Aus diesem Grund wird jeder, der mit einer anderen Person in Kontakt kommen möchte, versuchen, dieser „ähnlich“ zu sein und sich z. B. ähnlich kleiden.
Andere, weniger offensichtliche Möglichkeiten des Pacings, wie man sie z. B. in einer NLP Ausbildung lernt, sind, Tonalität und Lautstärke der Stimme, Art und Umfang der Gestik, Verwendung ähnlicher Ausdrücke und Bezeichnungen, Atem- und auch Blinzelfrequenz. Wenn Sie sich selbst mal beobachten, wenn Sie mit einer Person Ihres Vertrauens sprechen, z. B. Ihrem besten Freund oder Freundin, werden Sie feststellen, dass Sie sich in diesen Merkmalen ganz automatisch aufeinander einstimmen.
Im Verkauf werden Sie z. B. einen großen Aufwand betreiben, um einen „guten Eindruck“ zu hinterlassen. Was genau ein „guter Eindruck“ ist, kann von Kunde zu Kunde sehr unterschiedlich sein. Ein guter Verkäufer wird sich auf diese Unterschiede einstellen und bei jedem seiner Kunden eine „guten Eindruck“ machen können. „Geborene“ Verkäufer haben dies schon immer intuitiv gewusst und eingesetzt. Die Möglichkeit, Pacing lehr- und lernbar zu machen, trägt daher nur zu Transparenz und besserem Kontakt bei.
Und Sie dürfen beruhigt sein: Gegen den Willen Ihres Kunden können Sie ohnehin nichts tun, bei aller „Manipulation“. Menschen sind nun mal selbstbestimmte Wesen. Wenn Sie Ihren Kunden Dinge verkaufen möchten, die diese definitiv nicht brauchen, ist das weniger eine Frage der Methodik als vielmehr der Ethik, aber das ist ein ganz anderes Thema.
Herzliche Grüße
Andy Fluck
Handwerk des Verkaufens in Karlsruhe