Implikationen für ein lebendiges Training

4-Mat-System & S.P.A.S.S.- Raster

Das kennt jeder Seminarleiter: Bei der Planung zu dem nächsten Training geht es vor allem darum, Inhalte, Methoden und Struktur des kommenden Seminars so zu organisieren, dass neues Wissen und Fähigkeiten für die TeilnehmerInnen möglichst anschaulich, motivierend und leicht verständlich zugänglich werden.

Zudem sollen diese auch noch nachhaltig und nach Möglichkeit mit Freude und anhaltendem Interesse gelernt werden können. Ein Jeder, der Gruppen trainiert weiß, wie schwierig dieses Unterfangen immer wieder aufs Neue sein kann, gerade bei meist heterogenen Gruppensettings und diversen Interessenlagen.

Daher werde ich zusammenfassend auf zwei Lernmodelle eingehen: Das 4-Mat-System und das S.P.A.S.S. Raster. Die Vorzüge des letztgenannten, liegen aus meiner Sicht in der sinnvollen Ergänzung und als Checkliste für offene und Lerner-zentrierte Trainings neben den Struktur- und Lerntypen- spezifischen Modellen zur Seminarplanung.

Der Klassiker, das 4-Mat-System, ist eine – nicht nur in NLP Kursen – bis dato gut erprobte, strukturelle Methode zur sinnvollen Planung von Lernsequenzen. Dabei werden die unterschiedlichen Lerntypen in aufeinander folgenden Phasen eines Lernzyklus angesprochen: Der Warum-Typ, der eine Begründung braucht, um sich mit einer Sache zu befassen; der Was-Typ, z.B. ein klassischer Wissenschaftler, der zuvorderst an den Inhalten und Erkenntnissen des zu vermittelnden Stoffs interessiert ist; der Wie-Typ, der sehen und vor allem erleben möchte, wie etwas funktioniert und schließlich der Wozu-Typ, der eine Anwendungsmöglichkeit bzw. einen zukünftigen Nutzen braucht, um eine neue Sache für sich interessant zu finden und zu verinnerlichen.

Strukturiert ein Trainer seine Lernsequenzen nach diesem Modell, trifft er mit sehr großer Wahrscheinlichkeit – in einer der aufbereiteten W-Quadranten – auf das Interesse der TeilnehmerInnen. Nichtsdestotrotz bleibt der Lernprozess in erster Linie vom Trainer strukturiert. Der Unterricht findet – mit Ausnahme einer praxisorientierten Übungsphase im Wie-Quadranten – meist als Frontalveranstaltung mit dem Trainer als moderierender und strukturierender Instanz statt.

Das S.P.A.S.S.-Raster

Als Ergänzung in den eigenen Planungen empfehle ich das S.P.A.S.S.-Raster, das im Prinzip als eine methodische Richtlinie zu verstehen ist, die im Rahmen des Lernmodells LENA (Lebendig und nachhaltig Lernen) von Rolf Arnold entwickelt worden ist1. Der Ansatz erweitert das auch dem NLP zugrunde liegende, konstruktivistische Lernparadigma um eine systemische Komponente. Wohl wissend, dass sich Lernende in ihren Lernprozessen nicht von außen gänzlich „steuern“ lassen, sondern dass das Lernen in erster Linie ein individueller, konstruktiver und selbstgesteuerter Prozess ist, verschiebt der Trainer seinen Fokus auf die Planung seines Trainings in Richtung Rahmengebung für selbstverantwortliches und selbstgesteuertes Lernen.

Dabei ändern sich die klassischen Rollen von Lernendem und Trainer: Der Lernende ist nicht nur ‚Konsument’ und Nachvollziehender dessen, was ihm vermittelt wird; er ist vielmehr aufgefordert, selbst kreativ nach Lösungsmöglichkeiten für Aufgaben zu suchen und Herausforderungen zu finden. In NLP Kursen kann dieser Ansatz aus meiner Sicht vor allem in den Masterkursen Anwendung finden, in denen nicht mehr Grundlagen vermittelt werden, sondern in denen es darum geht, mittels der eigenen Kompetenzen, individuelle Stile und Problemlösungen für Klienten zu entwickeln.

Auch die Trainerrolle verändert sich vom Wissensvermittler zum Lernbegleiter, der einen Rahmen schaffen darf, es jedem Einzelnen zu ermöglichen, mit seinen Stärken und Voraussetzungen eigene Lösungen und Kompetenzen zu entwickeln. Dabei wird nicht mehr in erster Linie die Fähigkeit zur Reproduktion von gelerntem Wissen in den Vordergrund gestellt, sondern die Fähigkeit, mit angeeignetem Wissen zu individuellen Lösungen zu kommen. Der Trainer erweitert seine Rolle zum Lernbegleiter und –Coach.

Was ist konkret nötig, um das eigene Training in Richtung Lerner-Orientierung zu erweitern? Zunächst kannst du dir die Frage stellen, in welchen verschiedenen Trainerrollen du dich wahrnimmst. Wie oft bist du dabei in der Rolle des Lernbegleiters? Wann lässt du Raum und wie viel? Woran kannst du erkennen, dass deine TeilnehmerInnen eigene Lösungswege für sich gefunden haben, die erfahrungsgemäß nachhaltiger verankert sind? Welches Feedback bekommst du von deinen TeilnehmerInnen? Haben sie das Gefühl, an ihrem eigenen Lernprozess aktiv beteiligt zu sein?

Reflexionsfragen

Ein Auszug von Reflexionsfragen aus der S.P.A.S.S.-Raster – Checkliste eröffnet weitere Möglichkeiten zur Erweiterung der eigenen Trainerkompetenz:

  1. Selbstgesteuert:
    In welchem Maße können Lernende die Aneignung von Wissen und Fähigkeiten selber bestimmen? In wie weit obliegt die Verantwortung für
    den Lernprozess dem Lernenden? Gibt es Möglichkeiten für den Lernenden, seine Ergebnisse selbst oder mit anderen Lernenden zu überprüfen?
  2. Produktiv:
    Werden die Lernenden mit ihrem Wissensstand „abgeholt“? Können sie an Eigenerfahrungen anknüpfen und diese sinnvoll erweitern? Gibt es neue, individuelle Aspekte zu entdecken?
  3. Aktivierend:
    Werden die Aufgaben, Arbeitswege, die Durchführung und die Ergebnissicherung von den Lernenden mit gestaltet? Gibt es Raum für unterschiedliche Lösungswege? Gibt es genügend Gelegenheit für Praxis und Ausprobieren – auch für „Sackgassen“ – sogenannte „Fehler“, aus denen man lernen kann?
  4. Situativ:
    Gibt es Möglichkeiten zur Meta-Arbeit, d.h. zur Reflexion der Lernsituation? Werden generelle Lösungen in eigene Praxislösungen übertragen?
    Sind die angebotenen Methoden passend für die Lerngruppe; gibt es eine Methodenauswahl?
  5. Sozial:
    Gibt es Raum für individuelles, wertschätzendes Feedback? Ist Platz für Emotionen?

Ich plädiere nicht für die Abschaffung von strukturierten Trainings. Ich möchte an dieser Stelle Trainerkollegen ermuntern, ihre Rollen um eine gewinnbringende Facette zu erweitern. Dabei habe ich persönlich die Erfahrung machen dürfen, dass in den Feedbacks von Teilnehmern meiner Kurse sich vor allem zwei Aspekte widerspiegelten: Sie fühlten sich gesehen, an-, wahr- und ernstgenommen. Sie hatten das Gefühl, eine eigene individuelle Selbstentwicklung erfahren zu haben und viele hatten das Gefühl, langfristig und nachhaltig mit den neuen Fähigkeiten arbeiten zu können.

Für kreative Anregungen zur Seminarplanung empfehle ich die Lektüre von Barbara Messers Methodenbüchern. Dort findet sich ein reichhaltiger Fundus an methodischen – vor allem Lerner zentrierten – Vorschlägen, die sich sinnvoll in die eigenen Trainings integrieren lassen.

Thorsten Bitter
Lehrtrainer an der Pfalz NLP Academy

 


1 Arnold, Rolf (2007): Ich lerne also bin ich. Eine systemisch-konstruktivistische Didaktik. Heidelberg: Carl-Auer.
Arnold, Rolf (2012): Wie man lehrt, ohne zu belehren. 29 Regeln für eine kluge Lehre. Das LENA-Modell. Heidelberg: Carl-Auer.